Podcast Verkehrsvisionen

Seit dem internationalen Frauen*kampftag 2023 veröffentlicht der VCD Nordost monatlich einen Podcast zur Verkehrswende. Mal mehr feministisch, mal weniger. Mal mehr zum Thema Gender und Mobilität mal weniger. Und dann auch noch mit verschiedenen Verständnissen von Gender. Eine spannende Sammlung unterschiedlicher Perspektiven.


Fahrraddemo

Im Kungerkiez gibt es eine sehr aktive Initiative. Eine Gruppe setzt sich schon länger dafür ein, dass hier ein Kiezblock eingerichtet wird. Von der BVV ist das auch schon beschlossen, aber es passiert nichts sichtbares. So wurde gestern zur Demonstration eingeladen, um für eine Fahrradstrasse (und die Umsetzung des Kiezblocks) auf die Strasse zu gehen. Der RBB war auch da und hat berichtet.


Derailing

Wieder wurde in Berlin eine Radfahrerin durch einen LKW überrollt und dabei lebensgefährlich verletzt (Bericht z.B. in der Berliner Zeitung). Das passiert immer wieder und die Verkehrspolitik unternimmt viel zu wenig dagegen. Solche Unfälle scheinen als zu ertragende Nebenprodukte des Autoverkehrs in Kauf genommen zu werden. So konnte Gauland 2020 auch argumentieren, dass Corona-Tote so wie Verkehrstote zu ertragen sein müssen.

Während des Unfalls war in Berlin wie so oft Stau. Und wie so oft haben die im Stau stehenden Autos keine Rettungsgasse gelassen. Daher kam das Spezialfahrzeug zum Anheben des LKWs auf der Autobahn nicht voran und nicht schnell genug an den Unfallort. Das ist ein Skandal. Stauende Autos versperren Rettungsfahrzeugen den Weg.

Zum Skandal wird aber von der Medienberichterstattung (z.B. der Berliner Zeitung, aber auch der Tagesschau, etc.) und von Politiker_innen weder der LKW noch die fehlende Rettungsgsasse gemacht, sondern Klimaaktivist_innen, die den Stau angeblich produziert haben. Sie haben blockiert. Die Autos haben dann einen Stau gemacht.

Das ist Derailing. Anstatt die Autogesellschaft und Autonormativität zu kritisieren, anstatt sich aktiv für Vision Zero einzusezten, wird abgelenkt und für den freien Fluss der Autos geworben. Und das wo gerade wieder eine Radfahrerin überfahren wurde, was durch eine vorsorgende Verkehrspolitik verhindert werden sollen.


Straßen für Menschen

VCD-Stand bei #KutschiAutofrei

Seit kurzem bin ich wieder beim VDC, dem ökologischen Verkehrsclub, aktiv und zwar beim Landesverband Nordost. Im September standen und stehen eine ganze Reihe von Aktionenen an, bei denen es vorallem auch darum geht, Straßen für Menschen zurück zu gewinnen. So haben wir am 12.09.21 demonstriert, wie es wäre, wenn der Kurt-Schumacher-Platz autofrei wäre (auf der VCD-Seite auch ein paar Fotoimpressionen und die Pressemitteilung). Leider sind die Busse nicht weitergefahren, obwohl wir darum gebeten hatten und die Busspuren freigehalten haben. Da wurde unser politisches Ziel, Vorfahrt für den Umweltverbund, nicht so ganz verstanden oder berücksichtigt. Es war mal wieder beeindruckend, wie viel Platz und Ruhe ist, wenn die Autos weg sind.

VCD beim Parking Day im Brüsseler Kiez

Beim Parking Day letzten Freitag haben wir dann einen Parkplatz in einen Platz für Menschen verwandelt. Viele fanden das toll. Die Kinder haben auf der Straße gespielt. Das etwa zehnjährige Mädchen mit dem ich länger gesprochen habe, blieb aber trotzdem bei der Meinung das Autos toll sind. Und auch das die Straßen zugeparkt sind, denn so könne sie sich Autos anschauen und überlegen, welches sie möchte, wenn sie groß ist.

Es bleibt noch was zu tun.


Gefährliches Radfahren

Ich bin heute die Zeugin eines schweren Radunfalls geworden. Ein mir entgegenkommender Radfahrer ist im rasanten Tempo vor mir links in eine kleine enge Strasse eingebogen und dort im vollen Tempo auf einen auf die Kreuzung zufahrenden Radfahrer aufgefahren. Beide sind böse gestürzt und haben sich bis der Krankenwagen kam, kaum bis gar nicht bewegt. Ich vermute, das mindestens einer ernsthaft verletzt worden ist, und der andere sah auch nicht gut aus.

Leute, passt beim Radfahren auf Euch und andere auf. Passt Eure Geschwindigkeit der Situation an. Achtet darauf, dass Ihr Hindernisse und andere Verkehrsteilnehmende sehen könnt. Auch wenn es (fast) immer gut geht, gibt es die Situationen, wo es nicht gut geht und Ihr möglicherweise daran Schuld seid, dass jemand anderes ernsthaft verletzt oder sogar getötet wird.


Bevorteilung im Verkehr

Die taz berichtet über das geplante Fahrrad-Volksbegehren in Berlin und die politischen Diskussionen darum. Der Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel ist wohl der Meinung, dass eine Förderung des Radverkehrs zu einer Bevorteilung des Radverkehrs führen würde. Ich frage mich, in welcher Realitiät er lebt? Ob er den Verkehr und den städtischen Raum überhaupt wahrnimmt? Wenn er mit offenen Augen durch die Stadt ginge oder radelte, würde ihm auffallen, wie sehr diese auf den Autoverkehr ausgerichtet ist. Wie sehr das Auto bevorteilt wird. Durch die Gestaltung der Verkehrsflächen, durch Verkehrslenkung, durch die StVO und durch das Verhalten von Autofahrenden und Polizei. Wollte Geisel wirklich die Bevorteilung eines Verkehrsmittels verhindern, müsste er vieles verändern. Vor allem müsste er Radfahhrende, Zufußgehende und Nutzende des ÖPNV fördern und fördern, bis sie die gleichen Rechte und den gleichen Zugang zu Ressourcen wie Autofahrende haben.

Die taz zitiert hierzu den Linken-Verkehrsexperten Harald Wolf:

er kontert den SPD-Vorwurf, das Volksbegehren bediene Partikularinteressen: 18-mal mehr Platz würden Autos beanspruchen, dabei hätten Auto- und Radverkehr einen ungefähr gleich großen Anteil an den zurückgelegten Wegen in der Innenstadt.

Da ist noch einiges zu tun, um die Bevorteilung abzubauen.


Polizei zu Rad

Die taz berlin berichtet, dass die vor einem Jahr eingerichtete Fahrradstaffel der Polizei vor allem dazu genutzt wird, Radfahrende zu disziplinieren. Autofahrende werden kaum belangt und infrastrukturelle Barrieren für den Radverkehr fast gar nicht aufgenommen. Der Pirat Andreas Baum kritisiert dies laut taz berlin:

Fünfmal so viel festgestellte Verstöße von Radfahrern wie von Autofahrern und sogar zehnmal so viele Bußgeldeinnahmen: „Ein Verhältnis, das an der Realität auf der Straße völlig vorbei geht“, findet Baum. Dass die Staffel kaum Mängel an Radverkehrsanlagen registriert habe, sei „angesichts der teilweise katastrophalen Zustände ein echtes Kunststück. Die Scheuklappen scheinen gut zu sitzen.“

Die Polizei kontert auf diesen Vorwurf:

Die Kritik will man bei der Polizei so nicht stehen lassen: Es sei eben schwierig, mit dem Fahrrad Autofahrer zu jagen, meint Andreas Tschisch, Sachbereichsleiter Verkehr im Stab des Polizeipräsidenten. Dafür seien andere Einheiten zuständig.

Das scheint mir an den Realitäten des Berliner Radverkehrs weit vorbei zu gehen. All die falsch parkenden Autos auf Radwegen und -streifen könnte die Fahrradpolizei problemlos verfolgen. Auch sonst könnte sie riskante Fahrweisen von Autos wahrnehmen und zur Anzeige bringen. Aber die radelnden Polizist_innen scheinen genauso wenig wie autofahrende Polizist_innen Lust darauf zu haben, etwas an den ungleichen Machtverhältnissen auf der Strasse ändern zu wollen. Zu tun wäre da viel.


Strukturelle Auto-Bevorzugung

In Prenzlauer Berg hatte die Politik beschlossen, eine Nebenstrasse einmal die Woche für ein paar Stunden zu einer Spielstrasse zu machen und während der Zeit ganz frei von Autos zu halten. Hört sich nach einem ziemlich zahmen Plan an. Die meiste Zeit blieb die Straße den Autos vorbehalten. Trotzdem gab es massiven Protest. Eine Anwohnerin klagte dagegen wie die taz berlin berichtet und hat gewonnen. Die politischen Entscheidungsträger dürfen rechtlich nicht einfach die Vorherrschaft der Autos auf Straßen einschränken. Die Rechte des motorisierten Individualverkehrs sind so institutionell verankert, dass sich Veränderungen nur schwer umsetzen lassen. Und das obwohl nur einer kleiner Teil aller Wege mit dem Auto zurückgelegt werden und in Berlin auch ein großer Teil der Bevölkerung gar kein Auto hat. Gegen diese strukturelle Bevorzugung muss dringend vorgegangen werden.


Radverkehr

In der taz wandte sich Gereon Asmuth letzte Woche an die Verkehrsminister, die in Rostock tagten und auf deren Tagesordnung eine Förderung des Radverkehrs fehlte. Asmuth argumentierte, dass das an den verkehrlichen Realtiäten vorbei geht:

Experten gehen davon aus, dass der Radleranteil in der Innenstadt bei 25 Prozent liegt. Auf viel mehr kommen die Autofahrer auch nicht.

Warum eigentlich ist es allgemein anerkannt, dass die 25%+ Autofahrenden mehr Rechte, Ressourcen, Förderung, etc. geniessen als Radfahrende?


Tödliches Abbiegen

Diese Woche ist wieder eine Radfahrer_in von einem LKW beim Abbiegen schwer verletzt worden. Die taz berlin berichtet:

Oft kommt es schlimmer: Nach Zahlen der Verkehrssicherheit Berlin-Brandenburg GmbH (VSBB) wurden von den 52 zwischen 2008 und 2013 getöteten Radfahrern 16 von abbiegenden Lkws überfahren. Überhaupt weist die Statistik der Polizei Abbiegefehler von Kfz-Fahrern als mit Abstand häufigste Ursache von Unfällen aus, bei denen Radfahrer zu Schaden kommen.

Die taz berlin weisst auch daraufhin, dass nicht der tote Winkel an diesen Unfällen Schuld sein. Denn mit den neuen LKW-Spiegeln gebe es diesen nicht mehr. Die Unfälle passieren, weil die Fahrer_innen unaufmerksam sind. Tödliche Unaufmerksamkeit.